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Pferdedecken & Verspannungen: Worauf du bei Passform und Wärme achten solltest

  • Autorenbild: Manuela Matti
    Manuela Matti
  • 19. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Okt.

Pferd auf Weide mit Pferdedecke

Wenn die Temperaturen sinken, greifen viele Pferdebesitzerinnen und -besitzer automatisch zur Decke.

Das ist verständlich, denn niemand möchte, dass das eigene Pferd friert. Doch nicht jedes Tier profitiert automatisch von einer Decke und manchmal kann Wärme sogar zur Belastung werden.


In diesem Beitrag erfährst du, wann eine Decke sinnvoll ist, wie du die richtige auswählst und woran du erkennst, ob sie deinem Pferd wirklich gut tut.



Wann eine Decke sinnvoll ist

Ob ein Pferd eine Decke braucht, hängt weniger von der Jahreszeit ab als von seinem individuellen Wärmehaushalt. Gesunde, nicht geschorene Pferde mit gutem Winterfell können Kälte meist problemlos ausgleichen.


Pferde sind erstaunlich gut an wechselnde Temperaturen angepasst. Ihr dichtes Winterfell, die Hautdurchblutung und eine isolierende Fettschicht bilden ein fein abgestimmtes System, das aktiv auf Kälte und Wärme reagiert. Durch das Anpannen winziger Haarmuskeln stellen sich die Haare auf, und zwischen ihnen wird warme Luft gespeichert – eine natürliche Decke, die sich ständig an die Umgebung anpasst. Wenn dieses System jedoch durch eine ständige Wärmezufuhr von aussen, etwa durch eine Decke, ersetzt wird, kann sich die körpereigene Thermoregulation zurückbilden. Das Pferd beginnt, schneller zu frieren, sobald es keine Decke trägt, weil der Körper verlernt hat, selbst für Wärme zu sorgen.


Eine Decke kann aber sinnvoll sein, wenn dein Pferd:

  • geschoren ist oder wenig Winterfell bildet,

  • älter ist und bei Kälte Muskelspannung oder Gewichtsverlust zeigt,

  • krank, im Muskelaufbau oder in der Rehabilitation steht,

  • oder in einer Haltung lebt, in der es zugluft oder Nässe kaum ausweichen kann


Wichtig ist: Nicht alle Pferde frieren gleich. Beobachte dein Pferd genau. Friert es (angespannte Haltung, Zucken, Zittern)? Schwitzt es unter der Decke? Das Verhalten deines Pferdes verrät dir meist mehr als das Thermometer.



Die richtige Decke finden

Eine Decke soll schützen, nicht einschränken. Sie darf weder aufliegen noch scheuern und sollte die Bewegungsfreiheit an Schulter und Widerrist erhalten. Schon kleine Falten oder ein zu enger Brustverschluss können den Schultergürtel blockieren. Besonders betroffen sind der Trapezmuskel und der Brachiocephalicus-Muskel , die beide zentral für die Vorwärtsbewegung der Vorhand sind. Zu schwere Decken wiederum drücken auf den Widerrist und die Lendenpartie, was langfrisitg zu Muskelatrophien oder Schonhaltungen führen kann.


Achte beim Anziehen darauf, dass die Decke:

  • locker über die Schulter gleitet, ohne nach hinten zu ziehen

  • am Widerrist gut gepolstert ist

  • und an Brust und Bauch flach anliegt, ohne zu rutschen


Kontrolliere den Sitz regelmässig, besonders bei Fellwechsel oder Trainingsveränderung. Der Körper deines Pferdes verändert sich, auch wenn man es nicht sofort sieht.



Zu viel Wärme belastet den Rücken

Eine Decke soll wärmen, doch zu viel Wärme kann die Muskulatur aus dem Gleichgewicht bringen. Bei dauerhaft erhöhter Temperatur wird die oberflächliche Durchblutung stärker, tiefere Muskelschichten jedoch weniger aktiviert. Das kann zu Verspannungen im Rücken führen, besonders im Bereich des Trapezmuskels sowie des breiten und des langen Rückenmuskels, also den Muskelgruppen, die für Stabilität und Bewegung entscheidend sind.


Wärme ist wichtig, sollte aber gezielt eingesetzt werden. Gönne deinem Pferd regelmässig Zeit ohne Decke, damit sich Haut und Muskulatur erholen können und die natürliche Thermoregulation aktiv bleibt.



Warum eine 0-g-Decke nicht immer die beste Wahl ist

Viele greifen zu einer Decke mit 0 g Fütterung, weil sie denken, sie sei leicht und unproblematisch. Doch ganz ohne Füllung kann sie den natürlichen Wärmeausgleich stören. Das Fell kann sich nicht mehr aufstellen, die isolierende Luftschicht geht verloren – das Pferd kann unter einer dünnen Regendecke also schneller frieren als ohne.


Eine dünne Fütterung (zum Beispiel 50–100 g) ist oft die bessere Wahl. Sie ermöglicht den Luftaustausch und verhindert starke Temperaturschwankungen. Die Faustregel lautet: Lieber eine leicht gefütterte, gut sitzende Decke, die du anpassen kannst, als ein vermeintlich „neutraler“ Regenschutz, der den Körper überfordert.



Wenn sich Verspannungen zeigen

Eine falsche Decke oder zu viel Wärme kann sich schnell im Bewegungsbild zeigen: Das Pferd läuft weniger locker, reagiert beim Putzen am Widerrist und Rücken oder hebt beim Satteln den Kopf.

Hier hilft eine 👉 physiotherapeutische Behandlung. Gezielte Massagegriffe lösen Spannungen, fördern den Stoffwechsel und bringen wieder Leichtigkeit in die Bewegung.


Wenn du deinem Pferd auch selbst etwas Gutes tun möchtest: Im folgenden Video zeige ich dir drei einfache Massagegriffe, mit denen du die Widerrist- und Schulterregion sowie die Rückenpartie nach dem Abnehmen der Decke sanft lockern kannst. Achte dabei auf die Reaktion deines Pferdes. Wenn es empfindlich reagiert, lass die Ursache lieber frühzeitig fachlich abklären.



Fazit

Wärme ist wichtig, aber nicht um jedem Preis. Decken sind ein hilfreiches Wekzeug, wenn sie gezielt eingesetzt und regelmässig kontrolliert werden.


Beobachte dein Pferd, wähle die Decke nach Bedarf und gönn ihm zwischendurch die Freiheit, sich ohne sie zu bewegen. Ein ausgeglichener Körper zeigt sich nicht nur im Fell, sondern vor allem in der Bewegungsfreude.


Quellen

König, H. E. & Liebich, H.-G. (2020): Anatomie der Haussäugetiere.

Cavallo (2022): Pferdedecken im Test – oft zu warm!

Busse Reitsport (2023): Deckenwahl und Füllung – was Pferde wirklich brauchen.


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